Pa­ris 2025

Ein Fa­zit

Drachenfels über Königswinter bei Bonn Die Hin­fahrt ist wie er­war­tet ver­lau­fen. Dass ich die ers­ten 15 Ki­lo­me­ter in ei­ne Rich­tung fah­re, die nichts zum Er­rei­chen des Ziels bei­trägt, ist dem Wunsch ge­schul­det, dem Eu­ro­vélo 3 bis Aa­chen zu fol­gen. Die­ser Rad­fern­wan­der­weg, der mir schon im letz­ten Jahr viel Spaß ge­macht hat­te, wird dann erst wie­der auf der Rück­fahrt in den Ge­schich­ten auf­tau­chen. Den Hin­weg le­ge ich auf die Venn­bahn­tras­se, der ich für 110 km fol­ge. Da­nach geht es über die Hö­hen bei Trois­vier­ges (Ulf­lin­gen) auf die Bahn­tras­se nach Bas­to­gne und durch die Aus­läu­fer der Ar­den­nen an des­sen Kanal­sys­tem mit sei­nen zahl­rei­chen Schleu­sen (Éclu­ses).

Zu­letzt gilt es, die Hü­gel­land­schaft der Cham­pa­gne zu be­zwin­gen, die mit stei­len An­stie­gen auf­war­tet. Die Be­zeich­nung «hoch­krab­beln» trifft recht ge­nau die Si­tua­ti­on, die mit ei­ner Über­set­zung von 0,75:1 ein­her geht. Die Uhr zeich­net über 5.000 Hö­hen­me­ter für die Hin­fahrt auf.

Im Al­ter von 66 Jah­ren fällt es mir nicht mehr so leicht, 25 Ki­lo Ge­päck über die Ber­ge zu wuch­ten, aber mit nur noch 75 kg Ei­gen­ge­wicht, das auf der Tour noch ein­mal um 4 kg fällt, hal­te ich das Ge­samt­ge­wicht (in­klu­si­ve Rad, Was­ser­küh­lung und tem­po­rä­re Ver­pfle­gung) un­ter 120 kg. An den längs­ten Ta­gen schaf­fe ich im­mer noch 120 km. Da­bei ha­be ich nie­mals das Ge­fühl, dass mich die An­stren­gung über­for­dert, auch nicht an den Ta­gen mit knapp 1.000 Hö­hen­me­tern.

Probeliegen für eine gemütliche Nacht Für Au­ßen­ste­hen­de und nächs­te Ver­wand­te ist nicht nach­voll­zieh­bar, dass ich als Schlaf­stät­te ei­nen ein­fa­chen Schlaf­sack nut­ze, der auf ei­ner Iso­mat­te ruht, die nur 10 mm dick ist. Wer es im Kreuz hat, was sehr vie­le in mei­ner Al­ters­grup­pe be­tref­fen dürf­te, wen­det sich schau­dernd ab, schüt­telnd den Kopf. Aber es macht mir nichts aus. Und nach ei­nem Tag auf dem Rad und all den Ki­lo­me­tern schla­fe ich so­wie­so wie ein Mur­mel­tier. Pro­be­lie­gen ist wich­tig, um vor dem Auf­bau des Zelts Holz­stöck­chen und kras­se Une­ben­hei­ten er­ken­nen zu kön­nen.

Dass mir das Her­um­sch­nib­beln im Hals das Schnar­chen ge­raubt hat, ist ei­ne an­ge­neh­me Ne­ben­er­schei­nung ei­ner un­an­ge­neh­men Sa­che. Au­ßer­dem schwit­ze ich seit­her nicht mehr un­ter der lin­ken Ach­sel. (We­gen der rech­ten Ach­sel muss ich trotz­dem noch re­gel­mä­ßig du­schen.)

Zwei Näch­te ver­brin­ge ich in Bet­ten, ein­mal in der JH Na­mur, das muss­te ich noch ein­mal aus­pro­bie­ren, und ein­mal in ei­nem Stu­dio in Mau­beu­ge. Ich kann nicht sa­gen, dass ich bes­ser ge­schla­fen hät­te als auf der har­ten Er­de. Im­mer­hin auch nicht schlech­ter.

GARMIN Instinct 2X Solar An­ders als im letz­ten Jahr glänzt die Tech­nik dies­mal durch sprich­wört­li­che Zu­ver­läs­sig­keit. Kein Plat­ten, der mich auf­hält, kei­ne Pro­ble­me mit der Strom­ver­sor­gung auf dem Rad und kein GPS-Emp­fän­ger, der meint, noch in­ner­halb der Ga­ran­tie­zeit das Zeit­li­che seg­nen zu müs­sen. Im Ge­gen­teil: Der ex­trem prä­zi­se GPS-Emp­fän­ger der Gar­min Ins­tinct 2X So­lar bleibt in­ner­halb der Wäl­der und un­ter zum Teil dich­ten Bäu­men fast sto­isch auf den kar­tier­ten We­gen, wäh­rend der Emp­fän­ger des Sam­sung Gala­xy S10e im­mer wie­der Schwie­rig­kei­ten hat, die­sen ex­akt zu fol­gen. Die Uhr kann man et­wa zwei Ta­ge ver­wen­den, dann muss sie an den Strom. Den Forums­la­der Pro, ein Gleich­rich­ter der Spit­zen­klas­se und Po­wer­bank zu­gleich, kos­tet das Auf­la­den der Uhr nur we­ni­ge Pro­zent der ge­spei­cher­ten Ener­gie.

Ausrüstung Fahrrad: Alurahmen für das Smartphone in der Lenkervorbautasche Da­mit man die An­zei­ge des Smart­pho­nes wäh­rend der Fahrt aus­schal­ten kann, hat­te ich mit ver­schie­de­nen Rah­men ex­pe­ri­men­tiert. Am En­de schuf ich ei­nen Alu­r­ah­men, der das Gerät so um­fasst, dass man nur den Ein/Aus-Schal­ter be­tä­tigt, wenn man au­ßen auf die Len­ke­vor­bau­ta­sche drückt. Da die Ver­bin­dun­gen mit Se­kun­denkle­ber rea­li­siert sind, lö­sen sich die­se im­mer mal wie­der. Erst dop­pelt ge­klebt hält schein­bar bes­ser: Da die Tu­ben klein sind, sehr klein, kann man ei­ne da­von mit­füh­ren und nach­kle­ben. Zwei­mal ma­che ich da­von Ge­brauch.

Wur­zelauf­brü­che sind ein lei­di­ges The­ma auf Rad­we­gen. Die RAVeL-Wege der Wal­lo­nie sind noch re­la­tiv neu, so­dass die­se ge­gen­über deut­schen Rad­we­gen (be­son­ders ät­zend ist der Lein­pfad süd­lich von Köln) um Di­men­sio­nen bes­ser sind. Äl­te­re Ab­schnit­te wie der bei Com­pièg­ne zei­gen aber auch, wie die­ser Vor­sprung von der Zeit auf­ge­zehrt wird. Hät­te ich mei­ne Len­ker­ta­sche nicht mit Boh­run­gen und Splin­ten an der Auf­hän­gung ge­si­chert, wä­re sie mir mehr­fach da­von­ge­flo­gen.

Ausrüstung Fahrrad: Wasserkühlung Ein wei­te­res tech­ni­sches De­tail hat all­ge­mein für Be­lus­ti­gung ge­sorgt, mein Was­ser­küh­ler. Dass ver­duns­ten­des Was­ser Was­ser küh­len kann, ist all­ge­mein be­kannt. Sel­te­ner trifft man auf die prak­ti­sche An­wen­dung sol­cher Kennt­nis­se. Um die Was­ser­fla­schen zu küh­len, be­nö­tigt man nicht nur ei­nen ge­eig­ne­ten Man­tel für die Fla­schen, man braucht auch Was­ser. Als Man­tel nimmt man Frot­tee­stoff. Jeanss­toff ist un­ge­e­eig­net, weil er zu we­nig Was­ser spei­chert und sehr schnell trock­net. Brauch­was­ser (eaux non po­ta­ble) reicht zum Küh­len, zu­dem ist es an Brun­nen leich­ter ver­füg­bar. An ei­nem hei­ßen Tag ver­braucht man ei­nen hal­b­en Li­ter, da­für hat man stets ei­ne an­ge­neh­me Was­ser­tem­pe­ra­tur in den Fla­schen. Zur­zeit muss ich noch auf die Fla­sche un­ter dem Sat­tel drücken, um das Was­ser zu ver­tei­len. Als Was­ser­lei­tun­gen die­nen mir Schläu­che und Wei­chen von je­ner Ap­pe­ra­tur, die mich noch im Früh­jahr letz­ten Jah­res fünf Mo­na­te lang künst­lich er­nährt hat­te.

Paris, Überfahren roter Ampel erlaubt Ro­te Am­peln soll­te man auch im Aus­land nicht über­fah­ren, aber zu­min­dest in Pa­ris gibt es Schil­der, die das tat­säch­lich er­lau­ben. An vie­len Am­peln im Stadt­ge­biet gibt es Zu­satz­zei­chen, die die er­laub­te Fahrt­rich­tung aus­zeich­nen. Es ist im­mer noch ein Vor­fahrt­ach­ten­schild, aber es bremst den Fluss des Fah­rens na­tür­lich we­ni­ger, wenn man nicht ste­hen­blei­ben und war­ten muss. Dass die Rad­fah­rer über die er­laub­ten Rich­tun­gen hin­aus­ge­hen, liegt in der Na­tur der Sa­che. Die Po­li­zei­kon­trol­le im Hin­ter­grund, hat je­den­falls nichts mit die­sem Schild zu tun.

Zu den ver­meint­lich we­sent­li­chen Aspek­ten ei­ner Rei­se ge­hö­ren die Kos­ten für Über­nach­tung, die aber, reist man mit Zelt und Rad, nicht da­zu an­ge­tan sind, ein tie­fes Loch in die Kas­se zu rei­ßen. Da­bei schwan­ken die Prei­se für Über­nach­tun­gen auf Cam­ping­plät­zen ge­wal­tig. Zwi­schen dem bil­ligs­ten mit 7,44 Euro, da­von 24 Cent Kur­ta­xe, in Étréau­pont und dem teu­ers­ten Platz in Neuilly-sur-Mar­ne, knapp 32 Euro, liegt ein Fak­tor von mehr als vier.

In Frank­reich gibt es auf vie­len Plät­zen ei­nen For­fait Vélo/Ten­te, der zwi­schen 10 und 14 Euro liegt. Am teu­ers­ten ist na­tür­lich Airb­nb, in Mau­beu­ge, aus der Not ge­bo­ren, aber mit 62 Euro nicht ein­mal dop­pelt so teu­er wie der Cam­ping von Neuilly-sur-Mar­ne. Der zweit­teu­ers­te Platz ist der Cam­ping de Pa­ris im Bois de Bou­lo­gne mit 28 Euro. Erst da­hin­ter folgt die Ju­gend­her­ber­ge in Na­mur, die nicht nur ein fes­tes Dach über dem Kopf bie­tet, son­dern für 25 Euro auch noch ein wirk­lich sehr gu­tes Früh­stücks­buf­fet oben drauf legt.

Auf der Rück­fahrt fah­re ich, oh­ne den ers­ten kur­zen Tag, an den dar­auf fol­gen­den 7 Ta­gen ei­nen Schnitt von 98 km/Tag. Das hat­te ich mir ge­müt­li­cher vor­ge­stellt. Al­ler­dings treibt mich ein zum Teil hef­ti­ger Rücken­wind drei Ta­ge lang vor sich her, so­dass ich über wei­te Stre­cken Strom­rad­ge­schwin­dig­kei­ten fah­ren kann. Mei­ne Uhr zeigt mir am En­de knapp 3.000 Hö­hen­me­ter für die Rück­fahrt an, hin und zu­rück al­so et­wa 8.000 Hö­hen­me­ter. Die durch­schnitt­li­che Herz­fre­quenz bleibt im­mer ge­ra­de so un­ter 100. Ei­gent­lich will ich das gar nicht wis­sen, aber mei­ne Uhr sagt mir das auch ge­gen mei­nen Wil­len.